Fischer im Fluss

Lucia Fischer malt ihre Bildmotive nicht mit einem Pinsel, sie lässt Farben fließen. Die unterschiedlichen Fließeigenschaften und Trocknungszeiten der Farben, meist ein Gemisch aus Airbrushfarben, Tusche, Mineralwasser und Pigmenten, beziehen den Zufall bei der Entstehung amorpher Flächen mit ein. Die Künstlerin bringt sozusagen einen physikalischen Malprozess in Gang. Die endgültige Form und Struktur wächst aufgrund chemischer Reaktionen auf der Leinwand zu wesenhaften Gebilden zusammen. Nach ihrer Vollendung erhalten sie ihre Titel, wie „Emportauchen“, „Leibliches“ oder „Augenquell“, die eine Prise Poesie mit in die Betrachtung geben. Diese Gebilde scheinen - wie aus einem tiefen Wasser geschöpft - an die Oberfläche gekommen zu sein. Im Subtext richten sich Lucia Fischers Arbeiten an kollektive Gedächtnisbilder, wie das im Wasser entstandene Leben oder an erstarrte Flüssigkeiten wie Magma.
In gewisser Weise steht Lucia Fischers Malweise der experimentellen Malerei des abstrakten Expressionismus nahe – die Materialien sind jedoch neuartig verwendet. Die nicht kalkulierte Erschaffung ihrer Arbeiten ist mit philosophischen Fragen an die Zusammenhänge aller Lebensformen und deren Wandlung aufgeladen. Transparenz, Tiefe und Substanz strahlen die Gemälde aus. Sie wirken fragil und gleichzeitig mächtig – es wohnt ihnen etwas Rätselhaftes inne und damit üben sie eine unmittelbare Faszination aus.


Helga Maria Bishoff, Galeristin, 2013, anlässlich der Ausstellung „Fischer im Fluss“